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Vorsorgewohnung oder Immobilienfonds? - Betongold statt Sparbuch?

, aktualisiert am

Auf den ersten Blick mögen die Alternativen Wohnungskauf oder Fonds weit hergeholt scheinen. In jedem Fall ist es sinnvoll, Immobilien als Ergänzung zu Sparprodukten in Erwägung zu ziehen.

Die Sparzinsen haben europaweit einen ­historischen Tiefpunkt erreicht. 0,27 Prozent betrug im April 2015 der Zinssatz für täglich fällige Spareinlagen von Haushalten in Österreich. Und dennoch: EU-weit wurde auch 2014 jeder zehnte Euro des Einkommens gespart. Im Vergleich zum Jahr davor sind das um 4,2 Prozent mehr.

Betrags­mäßige Spitzenreiter in der EU sind – nach Belgien – die Österreicher. Rund 27.500 Euro stellen wir pro Kopf und im Durchschnitt über Spar- und Girokonten "unserer" Bank als billigen Kredit für deren Geschäfte zur Verfügung.

Wenig Eigenheim­besitzer ...

Und die Immobilien? Wo werden wohl mehr Menschen in den "eigenen vier Wänden" wohnen? In vergleichsweise armen Ländern wie Rumänien oder eher im reichen Österreich oder Deutschland?

Sie haben wahrscheinlich falsch geraten: Laut Österreichischer Nationalbank (OeNB) betrug 2013 der sogenannte Eigentümeranteil in Rumänien 96 Prozent. Unser Nachbar Deutschland bildet mit 53 Prozent das diesbezügliche EU-Schlusslicht – gefolgt von Österreich mit nur 57 Prozent Eigenheim­besitzern. (Laut SPÖ-Bautensprecherin Ruth Becher leben sogar 80 Prozent der Wiener in einer Mietwohnung.)

... aber hohe Sparbucheinlagen

Wir belegen also jeweils Platz 2: Bei der Höhe der Sparbucheinlagen einerseits und beim Nichtbesitz von Wohnimmobilien andererseits. Da ist der Gedanke an einen Ausgleich, eine Umschichtung vielleicht naheliegend.

Immofonds oder Vorsorgewohnung

Welche Möglichkeiten hat der Durchschnittsmensch aber in Immobilien als Renditeobjekt zu investieren? Wir wollen zwei betrachten, die für einen nennenswerten Teil der Österreicher realistisch erscheinen: Den Erwerb einer sogenannten Vorsorgewohnung und die Beteiligung an einem Immobilienfonds.

Die Vorsorgewohnung

Die Vorsorgewohnung

Die Vorsorgewohnung ist eine Eigentumswohnung mit Marketingmascherl. Man erwirbt sie nicht für eigene Wohnzwecke, ­sondern um damit Mieteinnahmen zu erzielen, die über die Zeit das eingesetzte Kapital zurückspielen und einen zusätzlichen Mietertrag realisieren. Dazu kommt eine mögliche Wertsteigerung des Anwesens, die man beim Wiederverkauf realisieren könnte. Und natürlich die unbestreitbare Verwandlung von unsicherem Geldvermögen in sichereres Sachvermögen: Geld (auch in Form eines ­einlagengesicherten Sparbuchs) kann über Nacht wertlos werden, eine Wohnung nicht.

Steuerliche Vorteile ...

In jedem Fall wird man mit dem Erwerb einer Vorsorgewohnung steuerlich zum Unternehmer, denn man kauft ja die Anlegerwohnung (wie die Vorsorgewohnung sachlich richtiger heißt) um ein Geschäft damit zu machen. Prima vista hat das in einem Hoch-Steuerland wie Österreich Vorteile, die von den ­Anbietern auch entsprechend prominent herausgestellt werden. Abgesetzt werden können unter anderem die Mehrwertsteuer für den Erwerb, Kreditzinsen und -neben­kosten, die Abschreibung für Abnutzung und die Aufwendungen für Hausverwaltung, Treuhänder, Instandhaltung etc.

... sind gedeckelt und können aberkannt werden

Das klingt wahrlich verlockend. Aber: Die Absetzbarkeit erfolgt immer nur in Höhe des persönlichen Einkommenssteuersatzes: Beträgt dieser z.B. 25 Prozent, so schlagen Aufwendungen von 1.000 Euro auch nur mit 250 Euro durch – den Rest bezahlt man "echt".

Wichtig: Binnen 20 Jahren muss ein steuerlicher Totalgewinn erzielt werden (also über die gesamte Laufzeit gesehen). Andernfalls gilt die Vorsorgewohnung als Lieb­haberei und die steuerlichen Vorteile werden aberkannt!

Servicepakete, Eigenkapitalquote

So einfach wie ein Sparbuch?

Die "Anlegerwohnung in Eigenregie" bringt einen ganzen Rattenschwanz an Aufgaben mit sich; rechtlicher, steuerlicher, vertraglicher, handwerklicher, administrativere Natur. Zahlt sich derlei Aufwand aus, für eine Rendite von, sagen wir einmal, 3 oder 4 Prozent? Viele würden das verneinen. Deshalb werden Vorsorgewohnungen häufig mit ­entsprechendem Servicepaket angeboten, in dem der Verkäufer eine Vielzahl von Auf­gaben – Hausverwaltung, Vermietung, Instand­haltung bis hin zur Mieteinnahmen-Garantie – übernimmt.

"Dadurch ist der ­Besitz einer Anlegerwohnung fast so einfach wie der Besitz eines Sparbuchs", heißt es beim nach eigenen Angaben ältesten Anbieter in Österreich, der Firma Raab & Raab. Die Anbieter erbringen die Zusatzleistungen aber natürlich nicht unentgeltlich – was die Rendite beträchtlich schmälert.

Ab 50.000 Euro sinnvoll

Auf dem Sparbuch sollten sich nach unserer Einschätzung übrigens mindestens 50.000 Euro finden, trägt man sich mit dem Gedanken an eine Anlegerwohnung – was rein rechnerisch in einem statistischen Durchschnittshaushalt mit zwei Personen gegeben sein kann. Der Rest wird durch einen Bankkredit finanziert. Den gibt es derzeit (!) für rund 2 Prozent.

Als Eigenkapitalquote ­empfohlen werden 50 Prozent, andernfalls knabbern die Kreditzinsen schnell die Ren­dite an. Als Rendite werden für Vorsorgewohnungen häufig 4 bis 7 Prozent pro Jahr in Aussicht gestellt, was aber mit größter Vorsicht zu genießen ist. Denn der Immobilienmarkt kann sich sehr rasch ändern, die erzielbaren Miteinnahmen wie auch der Wert der Immobilie sinken.

Differenzen bei der Preisentwicklung

Immobilien-Fundamente können wackeln

Für diesbezügliche Unruhe auf dem Markt sorgte im März 2015 der Immobilienmarkt­monitor der OeNB in dem es heißt: "Der OeNB-Fundamentalpreisindikator für Wohn­immobilien zeigt für Wien eine Überbewertung von 19 % an."

Das heißt: Wohnungs­eigentum wird um fast ein Fünftel teurer gehandelt als es den sogenannten Fundamentalwerten entspricht – was, wenn die Preise "auf den Boden der Tatsachen" zurückkehren? Wie schnell das gehen kann, zeigt eine andere Zahl für Wien aus dem Report: "Im ersten Halbjahr 2014 waren die Preise für gebrauchte Eigentumswohnungen noch kräftig gestiegen (+ 9,1 % im Jahresabstand), aber seit Jahresmitte verlangsamte sich der Preisauftrieb deutlich bis zu + 1,1 % im vierten Quartal."

Wer also im ersten Halbjahr in der Hoffnung auf das Anhalten des Preisanstiegs gekauft hat, war spätestens zu Weihnachten ernüchtert.

Preisentwicklung: Starke Differenzen

Hinzu kommt die anhaltende Diskussion über leistbare ­Mieten. Welche Auswirkungen dies auf die zu erwartenden Mieterlöse haben wird, kann kaum abgeschätzt werden.

Wir erwähnen das nicht, um die Idee einer Anlegerwohnung schlecht zu reden, sondern um den Blick zu schärfen: Die Immobilienpreise entwickeln sich keineswegs konti­nuierlich nach oben (wie sich das aus Sicht von Mietern vielleicht darstellt). Es gibt nicht nur den Unterschied Stadt/Land und (eklatant!) Wien/Rest der Welt, sondern erhebliche, auch kleinräumige Differenzen (von einer Straße zur nächsten) sowie beträchtliche Schwankungen im zeitlichen Verlauf.

Viel Sachverstand nötig

Die Wahl eines soliden Objekts ist deshalb ­äußerst schwierig; eine Puzzle-Aufgabe, die viel Sachverstand verlangt und für die sich erfahrene Anleger deshalb im Schnitt auch 9 Monate Zeit nehmen, ­bevor sie eine Entscheidung treffen. Hat man diese Geduld und/oder Expertise nicht, sollte man es ­besser mit Immobilienfonds versuchen.

Immobilienfonds

Immobilienfonds

Beim Fonds erwirbt man eine Immobilie nicht direkt (physisch), sondern einen Anteil am Vermögen der Kapitalgesellschaft, die den Fonds verwaltet. Dieser besitzt die Immo­bilien, kassiert die Mieten, kauft, verkauft, saniert, bezahlt die Fondsmanager. Macht sie das ordentlich, ist der Fondsanteil am Jahresende mehr wert als am Anfang – die Anleger haben eine Rendite erzielt. Die sieht – über einen Zeitraum von 5 Jahren betrachtet – bei österreichischen Fonds beispielsweise so aus:

  • Erste Immobilienfonds: 3,16 %
  • Immofonds 1: 3,09 %
  • Raiffeisen-Immobilienfonds: 1,07 %
  • Real Invest Austria: 3,19 %
  • Real Invest Europa: – 3,15 %
  • Semper Real Estate: 4,15 %

Ertrag auf Höhe der Vorsorge-Wohnung

Man sieht: Zwar können hier auch Verluste drohen, der Ertrag liegt aber meist über dem, was heute das Sparbuch bietet und wohl auch auf Höhe der Vorsorge-­Rendite. Und: In Immobilienfonds kann man schon ab 2.500 Euro Einmalerlag einsteigen, auch ­monatliche Ankäufe zu geringeren Summen werden angeboten.

Mehrjährige Haltedauer, einfacher zu verkaufen

Beim Kauf werden allerdings 3 bis 4 Prozent Spesen fällig und man muss ein Wertpapierdepot unterhalten. Da man diese Aufwendungen ja erst wieder verdienen muss, sollte man von einer mehrjährigen Haltedauer ausgehen. Im Grunde kann man die Anteile an Immobilienfonds aber jederzeit wieder verkaufen – was sich bei der Vorsorgewohnung schwieriger gestalten könnte.

Auch die Verteilung auf viele Immobilien verringert die Wahrscheinlichkeit hoher Verluste. Fondsvermögen ist als Sondervermögen ausgestaltet und man ist so auch vor einer Pleite der KAG rechtlich einigermaßen gut abge­sichert.

Zusammenfassung

  • Vorsorgewohnungen begründen Grundbuch-Eigentum, somit bleibenden Sachwert, Totalausfall nur bei Zerstörung. Richtige Objektwahl extrem wichtig und schwierig. Bei Selbstverwaltung u. U. aufwendig. Fremdbetreuung kostspielig und die Rendite reduzierend. ­Entwicklung der Mieten und des An­lagenwertes schwer einzuschätzen. Vergleichsweise hoher Kapitalbedarf.
  • Immobilienfonds begründen keinen Besitz an einer konkreten Wohnung. Ertragslage abhängig vom Geschick der Fondsmanager. Risikostreuung über eine große Anzahl von Investitionsobjekten. Kein Arbeitsaufwand und geringer Kapital­einsatz für Anleger, jedoch Kauf- und Depotgebühren.

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