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Familie in Wohnung mit Umzugskartons in der Hand
Bild: Studio-Romantic / Shutterstock.com

Versicherung: Umzugsklausel - Trockene Pflichtlektüre

Leichte Kost sind die Texte von Versicherungspolizzen sicherlich nicht. Wir wollen Ihnen helfen, die oft kompliziert klingenden Fachbegriffe besser zu verstehen; zum Beispiel die Klausel zum Wohnungswechsel in der Haushaltsversicherung.

Abfindungserklärung oder Tätigkeitsschaden, Sorgfaltspflicht oder Zillmerung – auch wenn sich die Versicherungsbranche in den vergangenen Jahren bemüht hat, Verträge kunden- und lesefreundlicher zu gestalten, ist so manches Detail in den ­Polizzen noch immer ziemlich verwirrend. Natürlich muss man kein Versicherungs­experte werden, um eine Kfz-, Haushalts- oder Unfallversicherungspolizze abschließen zu können. Aber solange man nicht weiß, wofür die Begriffe in der Polizze stehen, weiß man de facto auch nicht wirklich, gegen welche Schäden man versichert ist und gegen welche nicht.

Manche der Fachwörter gehen relativ leicht über die Lippen, aber was genau ist zum ­Beispiel mit „Totalschaden“, „Neuwert“ oder „Zeitwert“ gemeint? Feinheiten wie diese können im Schadensfall unange­nehme bis drama­tische Folgen haben: Wer bei einem Gerät einen Totalschaden zu verbuchen hat und einen vollwertigen Ersatz erwartet, wird bei einer Versicherung zum Zeitwert möglicherweise nur einen Bruchteil dessen erhalten, was ein neuwertiges Gerät kosten würde.

Um Licht ins Versicherungsdeutsch zu ­bringen, starten wir eine Serie, in der wir in ­loser Folge wichtige Fachwörter aus dem Versicherungsbereich erklären, mit Bei­spielen verdeutlichen und mit aktuellen Urteilen beleuchten. Hinweise auf vor- und nachteilige Begriffsklauseln sollen Ihnen die Möglichkeit geben, Ihre eigenen Vertragsbedingungen zu verbessern – es lohnt sich daher, die eigenen Polizzen hervor­zuholen und auf die entsprechenden Formulierungen und Klauseln zu durchforsten!

Hoppalas beim Siedeln

Den Anfang machen wir mit einem Detail aus der Haushaltsversicherung: der Umzugsklausel – in den Polizzen meist unter dem Punkt „Wohnungswechsel“ zusammengefasst. Die Menschen sind mobiler geworden und sollten beim Abschluss ihrer ­Haushaltsversicherung auch auf Verein­barungen zum Wohnungswechsel achten. Beim Siedeln passieren rasch einmal Hoppalas. Wer haftet dann dafür: die Freunde, die tragen helfen, die Mietwagenfirma, die eigene Versicherung?

Möbel, Teppiche, Geräte

Über die Haushaltsversicherung sind die ­beweglichen Gegenstände in und aus den eigenen vier Wänden gedeckt, also Möbel, Teppiche, Geräte und alles, was sich noch so mitnehmen lässt. In der Polizze sind üblicherweise auch Schäden am Hausrat während der Übersiedlung gedeckt. Im Regelfall gilt die Versicherung auch für die neue ­Wohnung. Und ganz wichtig: Prinzipiell ­gehen Haushaltsversicherungen mit einer Privathaftpflichtversicherung einher. Wenn Sie also während des Umzugs unabsichtlich das Eigentum Dritter beschädigen – zum Beispiel ein nahe dem Umzugswagen geparktes Auto –, sollten Sie sich ebenfalls an Ihren Haushaltsversicherer wenden.

Neueinschätzung der Wohnung

Durch einen Wohnungswechsel verändert sich der Versicherungsgegenstand, man muss dem Versicherer den Wechsel daher melden („anzeigen“). Dagegen ist nichts einzuwenden, denn so gelangen die Schreiben des Versicherers weiterhin an ihren ­Bestimmungsort. Außerdem schadet es nicht, eine Neueinschätzung der Wohnung vorzunehmen – wobei der bloße Umstand, dass sich die Wohnungsgröße womöglich verändert, noch nicht bedeutet, dass man in der neuen Wohnung unter- oder über­versichert ist.

Meldepflicht bei Umzug?

Ärgerlich an der Anzeigepflicht war aber, dass die Versicherer oft Schäden nicht erstatteten, wenn der Wohnungswechsel nicht ­gemeldet worden war. So eine Verletzung der Anzeigepflicht passiert im Chaos rund um den Umzug rasch einmal, deshalb hat der Oberste Gerichtshof vor einem Jahr zugunsten vergesslicher Versicherungskunden entschieden: Sofern in der Polizze nicht ausdrücklich festgelegt ist, welche Folgen eine vergessene Ummeldung hat, bleibt der Versicherungsschutz unverändert aufrecht. Die Verletzung der Anzeigepflicht bleibt dann also sanktionslos. Eine etwaige Unter- oder Überversicherung ist aber trotzdem in jedem Fall Sache des Versicherten (siehe "So sind die Klauseln formuliert“).

Streichen Sie Nachteiliges aus dem Vertrag

Kündigung möglich

Mit dem Wechsel der Wohnung ist übrigens auch ohne Nach- oder Aufzahlungen für Treuerabatte eine Kündigung möglich. Wenn Sie also Ihren bisherigen Versicherer loswerden möchten, ist das die Gelegenheit. Sehr lohnenswert ist, den Umzug für einen Prämien- und Leistungsvergleich zu nutzen. Und wenn Sie in eine Wohngemeinschaft, zu einem Partner, zur Familie ­(zurück-)ziehen und dort bereits eine Haushaltsversicherung vorhanden ist, können Sie Ihre Polizze ebenfalls ersatzlos kün­digen. Achten Sie aber darauf, dass Sie im neuen Wohnungsverbund weiterhin ­privathaftpflichtversichert sind. Das ist zu geringen Kosten möglich.

Nachteiliges streichen

Falls Sie in Ihrer bestehenden Haushaltsversicherung einschränkende Klauseln rund um den Umzug in eine neue Wohnung ­entdecken, setzen Sie sich mit Ihrem Ver­sicherer in Verbindung. Nachteiliges kann gestrichen werden, nicht vorhandene vorteilhafte Regelungen lassen sich möglicherweise durch Zusatzverein­barungen hinzufügen. Wichtig ist nur: immer alles schriftlich festlegen lassen; die mündliche Zusicherung Ihres Beraters zählt leider im Schadensfall nicht!

Tipps

  • Anzeigepflicht: Die Übersiedlung unbedingt dem Versicherer melden, das gehört zu Ihren Anzeigepflichten als Versicherungsnehmer. Während des Umzugs gelten beide Wohnungen als versichert.
  • Vergleich: Nehmen Sie den Wohnungswechsel zum Anlass für einen Prämien- und Leistungsvergleich mit anderen An­bietern. Oft lässt sich ein besserer Schutz zu einer günstigeren Prämie erzielen.
  • Haftpflicht: Ziehen Sie zu einem bereits versicherten Partner oder in eine Wohnge­meinschaft mit bestehendem Versicherungsschutz, können Sie Ihren alten Vertrag kündigen. Achten Sie dann jedenfalls auf den Einschluss in die private Haftpflichtver­sicherung beim Versicherten in der neuen Wohnung.

So sind die Klauseln formuliert

Die den meisten Versicherungsverträgen zugrundeliegende Klausel lautet:

"Bei Wohnungswechsel innerhalb von Österreich gilt die Versicherung während des Umzuges, dann in den neuen Wohnräumen, sofern der Vertrag nicht vor Beginn des Umzuges und mit Wirkung auf den Tag vor Beginn des Umzuges gekündigt wird. Der Wohnungswechsel ist dem Versicherer zu melden."

Verabsäumt der Versicherte eine Meldung, verweigert der Versicherer bisweilen die Leistung und beruft sich häufig auf die Verletzung der Anzeigepflicht. Der Oberste Gerichtshof (OGH) stellte aber 2017 fest, dass der Schutz der Haushaltsversicherung auch für die neue Wohnung nach dem Umzug gilt.

Urteil des Höchstgerichtes

Der OGH hat in dieser Entscheidung festgehalten, dass der Versicherer im Fall des Unterbleibens der Anzeige nur dann nicht leisten muss, wenn dies im Vertrag konkret so ausformuliert wurde (Versicherungsbedingungen). Fehlt dieser Hinweis, bleibt die Verletzung der Anzeigepflicht im Zweifel sanktionslos und die Leistungspflicht des Versicherers umfasst dann auch Schadensfälle in der neuen Wohnung – mit dem für die alte Wohnung vereinbarten Versicherungsschutz. Weiterführende Details zum Urteil finden Sie auf verbraucherrecht.at (Suche: "Haushaltsversicherung bei Umzug").

Kündigungsrecht

Neuere Versicherungsbedingungen sehen detailliertere Bestimmungen für den Fall eines Wohnungswechsels vor. Zum Teil wird für den Fall der Verletzung der diesbezüglichen Anzeigepflicht ausdrücklich Leistungsfreiheit festgelegt, zum Teil hat der Versicherer nach dem Wohnungswechsel ein Kündigungsrecht (unter Einhaltung einer Frist von einem Monat), das erst mit der Kenntnisnahme des Wohnungswechsels zu laufen beginnt.

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