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Private Pflegeversicherung - Lotteriespiel mit dem Alter

, aktualisiert am

Private Pflegevorsorge im Vergleich: Bei Weitem nicht jeder wird im Alter pflegebedürftig. Wer trotzdem finanziell vorsorgen will, sollte das nur nach gründlicher Beratung tun. Die Prämien privater Pflegeversicherungen sind mit steigendem Einstiegsalter hoch und die Angebote sehr unterschiedlich.

Pflegeversicherung wird zum Geschäft

Die Anbieter rüsten auf: Während es 2005 (siehe Test: Pflegegeldversicherungen 5/2005) erst fünf Pflegeversicherer gab, sind es derzeit schon elf Versicherungsunternehmen, die ein eigenständiges Produkt zur finan­ziellen Absicherung im Pflegefall anbieten. Nun müssen die Polizzen nur noch an den Mann und die Frau gebracht werden, aber das zieht sich.

Private Pflegevorsorge ist unattraktiv

Zum einen sind die österreichischen Kunden desillusioniert von den schlechten Ergeb­nissen bei Lebensversicherungen und prä­miengeförderter Zukunftsvorsorge und halten sich bei der Altersvorsorge entsprechend zurück. Zum anderen haftet dem Thema private Pflegevorsorge wenig Einladendes an. Während sich das Älterwerden durchaus mit posi­tiven Bildern (mehr Zeit für Hobbys, Reisen, die Familie) verknüpfen lässt, erinnert die Pflegebedürftigkeit drastisch an die negativen Seiten des Alters.

Pflegebedürftigkeit hält sich in Grenzen

Außerdem: Alt ­werden wir fast alle, aber pflegebedürftig nur ein kleiner Teil der 70plus-Generation. Das heißt, Altersvorsorge leuchtet vielleicht noch ein – aber jahrzehntelang für eine ziemlich teure Versicherung einzahlen? Die würde derzeit gerade einmal fünf Prozent der Bevölkerung etwas nützen. Der große Rest hätte die Prämien völlig unnötig eingezahlt.

Private Pflegevorsorge: Angebote im Vergleich

Für junge Menschen stehen andere Finanzfragen auf der Tagesordnung als eine mög­liche Pflegebedürftigkeit im Alter. Zudem lässt sich der Konsumverlust, den sie durch die jahrelangen Prämienzahlungen erleiden, nur schwer durch das simple Sicherheits­versprechen eines Versicherers aufwiegen. Wird das Thema Pflege dann mit zunehmendem ­Alter aktuell, ist es meist deutlich zu spät für einen Einstieg: Entweder sind die Prämien so hoch, dass man sie sich nicht mehr leisten kann bzw. will oder man wird gar nicht mehr angenommen. Manche Versicherer winken bereits bei 60-Jährigen ab, mit 75 Jahren ist definitiv Schluss.

Für wen eignen sich Pflegepolizzen?

Für wen also würden sich Pflegepolizzen überhaupt eignen, was bieten sie und welche Möglichkeiten gibt es, sich gegen ein even­tuelles Pflegerisiko abzusichern? In einer ­Untersuchung für die Arbeiterkammer Wien haben wir uns alle Angebote in Österreich angesehen und auch die gesetzlichen und pflegerischen Rahmenbedingungen erhoben.

Auch Pflegeversicherung ist keine 100-prozentige Gewähr

Gut funktionierendes Netz an Alten- und Pflegeheimen

Faktum ist, dass es hierzulande ein gut ausgebautes, funktionierendes Netz an Alten- und Pflegeheimen, aber auch an mobilen sozialen Diensten gibt, und daran wird sich auch in den nächsten Jahrzehnten – trotz ­alternder Bevölkerung – nicht so schnell ­etwas ändern. Schreckensszenarien von alten, gebrechlichen Menschen, die völlig auf sich allein gestellt sind, weil sie sich keine Pflege leisten können, sind unseriös. Engpässe gibt es vereinzelt bei der privaten informellen Pflege; umso mehr, als Familienangehörige diese Rolle aus beruflichen und geografischen Gründen immer weniger übernehmen werden.

Keine Wundertüte

Faktum ist aber auch, dass die durch Pflegebedürftigkeit entstehenden Kosten oft unter­schätzt werden. Was passiert im schlimmsten Fall? Ist kein Vermögen und kein Eigentum vorhanden, muss der Staat die gesamten Pflegekosten tragen. Andernfalls greift er, sobald die gesetzlich zustehenden Pflege­leistungen nicht mehr reichen, auf das persönliche Vermögen zurück (siehe Kasten „Wann wer zur Kasse gebeten wird“). In ­diesem Fall kann eine private Pflegeversicherung sinnvoll sein, da dadurch die eigenen ­finanziellen Reserven (länger) erhalten bleiben. Man sollte sich aber immer vergegenwärtigen, dass auch eine private Pflegever­sicherung nicht das Füllhorn darstellt, aus dem ganz nach persönlichem Bedarf die ­hilfreichen Geister und Gelder strömen.

Pflegebedürftigkeit feststellen

Erstens greift auch sie erst dann, wenn die Pflegebedürftigkeit laut Bundespflege­gesetz festgestellt wurde oder – bei manchen Anbietern – wenn bestimmte Tätig­keiten des täglichen Lebens nicht mehr ohne fremde Hilfe verrichtet werden können. Die Versicherten sind also, um eine Leistung zu erhalten, in jedem Fall auf die Einschätzung anderer angewiesen, selbst wenn sie nach eigenem Empfinden längst Anspruch auf Unterstützung durch den Pflegever­sicherer hätten.

Auch Pflegeversicherung ist keine 100-prozentige Gewähr

Zweitens ist auch eine Pflegeversicherung keine 100-prozentige Gewähr dafür, dass nicht doch auf das eigene Vermögen zurückgegriffen wird. Bei den von den Versicherern festgelegten Höchstbeträgen je nach Pflegestufe kann es schon passieren, dass die tatsächlichen Pflegekosten darüber liegen, ­speziell in den höheren Pflegestufen.

Angebote sind kaum vergleichbar

Kaum vergleichbare Angebote

Drittens gibt es unterschiedlichste Leistungen und Einschränkungen. Einmal kann beispielsweise gewählt werden, ab welcher Pflegestufe geleistet werden soll, ein andermal ist das von vornherein festgelegt (z.B. ab Pflegestufe 3, nur bei Schwerst-Pflege­bedürftigkeit oder in gestaffelter Form). Manche Anbieter zahlen bei vorübergehendem Pflegebedarf, andere nicht; bei den ­einen gibt es keinerlei Wartezeit, bei dreien sogar bis zu einem Jahr, oder es wird nicht gezahlt, solange sich jemand im Spital befindet. Wer seinen Alterssitz im sonnigen Süden plant, sollte ebenfalls genau auf die Bedingungen achten, denn nur die wenigsten ­Anbieter wollen ihre Leistungen weltweit auszahlen; bei manchen muss man nicht nur den Wohnsitz in Österreich haben, sondern sich tatsächlich hier befinden usw.

Unabhängiger Berater empfehlenswert

Ein großes Portfolio an unterschiedlichsten Produkteigenschaften und Risikomerkmalen also; oft ist schon das Leistungsspektrum ­eines einzigen Anbieters eine Wissenschaft für sich. Auf eigene Faust Vergleiche anzustellen, ist da praktisch unmöglich, die ­Unterstützung durch einen unabhängigen Berater ist dringend zu empfehlen! Dadurch lässt sich auch besser herausfinden, ob die persönlichen Schwerpunkte mehr auf dem Worst Case eines hohen Pflegebedarfs liegen oder ob es eher ein Komfortprodukt sein soll, das auch schon bei leichter Gebrechlichkeit für finanzielle Unterstützung sorgt.

Eine Frage des Geldes

Im Endeffekt ist es auch eine Frage des Geldes, denn je umfangreicher die Leistungen und je früher sie einsetzen sollen, desto ­höher die Prämien. Deren Höhe hängt zudem maßgeblich vom Einstiegsalter des Ver­sicherten ab: je jünger, desto niedriger, wie sich anhand der Tabelle gut nachvollziehen lässt. Die Prämien sind als Monatsprämien angeführt, weil das in der Praxis die häu­figste Zahlungsweise ist. Wenn es irgendwie geht und der Ver­sicherer das überhaupt ermöglicht, sollte aber einmal jährlich gezahlt werden, denn auch bei dieser Versicherung kann sonst ein Unterjährigkeitszuschlag anfallen, der die Sache noch einmal unnötig verteuert.

Mit Zusatzversicherung ist Pflegeversicherung günstiger

Zusatzversicherung ist günstiger

Pflegeversicherungen werden auf zweierlei Weise angeboten: als Zusatzversicherung zu privaten Kranken- und Lebensversicherungen oder als sogenannte Stand-alone-Pro­dukte wie in unserer Erhebung, also als eigenständige Polizzen. Absurd, aber wahr: Bei Letzteren gehen die Versicherer von ­einem ­erhöhten persönlichen Risiko des Versicherungskunden aus (offenbar, weil er sich sonst gar nicht mit dieser Thematik befassen würde) und setzen die Prämien gleich einmal etwas höher an als bei einem Zusatzmodul. Wenn Sie bereits privat kranken- oder ­lebensversichert sind, erkundigen Sie sich unbedingt nach den Konditionen für einen Pflegezusatz!

Aber wo eine Versicherung ist, da ist auch ein Haken: Die Methode der Pflegekostenerstattung im Rahmen der Krankenversicherung scheint zwar die bedarfsgerechteste zu sein, ist aber mit einem enormen Aufwand verbunden, da sämtliche Zahlungen belegt werden müssen. Außerdem wird die Arbeit, die pflegende Angehörige leisten, nicht entlohnt. Um frei über die Versicherungsleistung verfügen zu können, ziehen die Kunden daher meist ­eine Pauschalzahlung vor.

Per Einmalerlag versichern

Nicht ganz so günstig, aber noch immer ­günstiger als eine eigenständige Pflegever­sicherung ist ein Zusatz zur Lebensversicherung. Im Vergleich zum Krankenversicherungszusatz bietet diese Variante auch den Vorteil kürzerer Beitragszahlungen oder die Möglichkeit eines Einmalerlags. Definitiv nicht lohnenswert ist aber, eigens zum Zweck eines Pflegegeldzusatzes eine Lebensversicherung abzuschließen. Das gilt auch für alle Kombi­nationen der Pflegeversicherung mit Alters- oder Kapitalvorsorge: Versichern und sparen im Doppelpack waren noch nie ein Geschäft und gehören getrennt!

Übrigens stellt mancher Pflegeversicherer als besonderes Zuckerl auch eine Gewinn­beteiligung in Aussicht, etwa eine bis maximal sechs Monatsprämien oder eine höheren Rente, wenn der Ertrag über dem ursprünglich kalkulierten liegen sollte. Wir freuen uns für jeden, der das je erleben wird!

Tabelle: Vergleich privater Pflegeversicherungen

Wer muss für Pflege zahlen: Partner, Kinder, Beschenkte

  • Die Pflegebedürftigen selbst: Reicht das staatliche Pflegegeld nicht aus, um die Kosten zu decken, wird auf das Einkommen oder Vermögen der Pflegebedürftigen zurückgegriffen, z.B. auf Bargeld, Spar­bücher, Immobilien oder Wertpapiere. Ein bestimmter Betrag bleibt dem Pflegebedürftigen als „Taschengeld“.
  • Die Ehepartner: Sie müssen sich in allen Bundesländern an den Pflegekosten beteiligen und ­zwischen 30 und 40 Prozent der Bemessungsgrundlage leisten, wenn der Partner pflegebedürftig wird.
  • Die Kinder: Nur in der Steiermark gibt es für Kinder Ersatzpflicht. Die Höhe richtet sich nach deren Einkommen.
  • Beschenkte: Auch bei Schenkungen gibt es unterschiedliche Regelungen. In ­Kärnten kann der Staat nur 2 Jahre lang auf geschenktes Vermögen zurückgreifen, in Wien und der Steiermark 3 Jahre, in Niederösterreich, dem Burgenland, Ober­österreich, Salzburg und Tirol 5 Jahre, in Vorarlberg sogar 30 Jahre lang.

Bausparen als Alternative

Auch wenn das Bausparen wegen der niedrigen Zinsen und der reduzierten Prämie kein rechter Hit mehr ist, hat fast jeder Österreicher noch einen Bausparvertrag. Falls Ihr Bausparer in den nächsten Jahren abläuft und Sie keine Verwendung dafür haben, stellen Sie ihn ruhend. Vielleicht können Sie ihn im Alter noch gut gebrauchen, denn neben Wohnbau und ­Bildung kann damit auch für den Pflegebedarf angespart werden – entweder, um mit einem Darlehen notwendige Umbaumaßnahmen zu finanzieren, oder zur Abdeckung der Pflegekosten.

Mit grundbücherlicher Besicherung sind bis zu 30 Jahre Laufzeit möglich, zu maximal 6 Prozent Zinsen, oft auch mehrere Jahre lang tilgungsfrei. Damit eröffnet sich die Möglichkeit, so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben zu können.

Zusammenfassung

  • Werterhalt. Pflegeversicherungen sind vor allem dann zu überlegen, wenn das eigene Vermögen im Pflegefall erhalten werden soll. Reicht nämlich das gesetzliche ­Pflegegeld nicht, wird darauf zurückgegriffen.
  • Angebotsvielfalt. Von der Einstufung über die Leis­tungsvarianten bis hin zum geografischen Geltungs­bereich gibt es unterschiedlichste Tarife und Modelle für verschiedene Bedürfnisse. Legen Sie für sich die Schwerpunkte fest und wenden Sie sich zur Auswahl unbedingt an einen unabhängigen Berater.
  • Als Zusatz günstiger. Wer bereits eine Kranken- oder Lebensversicherung laufen hat, kann eventuell über einen Pflegezusatz günstiger vorsorgen als mit einer eigenen Pflegeversicherung. Der Abschluss einer Kranken- oder gar Lebensversicherung eigens dafür lohnt sich aber nicht!

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