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Schadstoffe in Kochutensilien - Löffelweise Gift

, aktualisiert am

Alarmierend: Kochlöffel aus Plastik können beim Umrühren in heißen Speisen unerwünschte chemische Substanzen abgeben. Wir hatten 10 Kochutensilien im Test und empfehlen die Rückkehr zum guten alten Holzkochlöffel.

Kartoon: LeszekSie finden sich in jeder Küche, meistens in bunten Farben und lustigen Formen – Kochlöffel, Pfannenwender und ähnliche Pro­dukte zum Umrühren von Speisen.

Schadstoffe in Kochlöffeln: Melamin, Formaldehyd etc.

Seit einiger Zeit stehen Küchenutensilien aus Kunststoff aber im Verdacht, gesundheitlich bedenk­liche Schadstoffe wie Melamin, Formaldehyd und ähnliche unerwünschte chemische Sub­s­tanzen ans Essen abzugeben.

10 Kochlöffel im Test

Wir wollten es genau wissen und haben für unseren Test 10 Produkte in Geschirrfachgeschäften, Einrichtungshäusern und Supermärkten in Wien und Umgebung eingekauft. Erstaunt haben uns die enormen Preisunterschiede: Der billigste Rührspatel von IKEA kam auf 99 Cent, für das teuerste Produkt (koziol) von interio zahlten wir 14,90 Euro. Beim Test stellte sich heraus, dass auch dieser teure Kochlöffel ­eine chemische Substanz ans Essen abgibt.

Ungeeignet für hohe Temperaturen

Unsere Tester haben das Zubereiten einer Speise simuliert und dazu mit den Koch­löffeln bei 100 Grad Celsius umgerührt. Das ernüchternde Ergebnis: Die Hälfte der untersuchten Kochutensilien eignet sich nicht zum Kochen bei einer Temperatur von über 100 Grad Celsius. Zum einen gaben zwei ­Produkte während des Kochvorgangs die Schadstoffe Melamin und Formaldehyd ab. Zum anderen verwirren die den Kochlöffeln beigefügten Herstellerbeschränkungen zu Temperaturhöhe und Kochdauer mehr, als sie helfen.


Lesen Sie auch unsere Artikel: Test: Photoinitiatoren in Lebensmittelverpackungen 5/2012 und Schadstoff-Information 7/2011

Kochlöffel: Holz statt Plastik verwenden

Freiwillige Materialkennzeichnung

Aber der Reihe nach. Zunächst interessierte unsere Tester, ob die Produkte Melamin enthielten. Ergebnis: Der TopHit Spitzlochlöffel und der zak Kochlöffel hatten Melamin als Grundbestandteil. Ersterer war als Melaminprodukt gekennzeichnet. Diese Herstellerkennzeichnung ist freiwillig. Ein Manko, dass die Kunststoffverordnung sie derzeit nicht vorsieht. Wer sich für einen Plastikkochlöffel entscheidet, weiß daher nicht unbedingt, woraus sich das Produkt zusammensetzt.

Neuer EU-Grenzwert für Melamin ab 2013

Bei den beiden genannten Erzeugnissen ­löste sich beim Kochen neben sehr hohen Mengen an Melamin auch Formaldehyd ­heraus. Dabei lag die Melaminabgabe gerade an der Grenze des in der Kunststoffverordnung erlaubten Wertes von 30 Milligramm (mg) für diese chemische Substanz. Anders sieht die Situation ab 2013 aus, wenn der neue EU-Grenzwert für Melamin mit 2,5 mg in Kraft tritt. Damit kämen die Kochlöffel von TopHit und zak auf eine fast 12-fache Überschreitung.

Gehörige Abweichungen vom vorgegebenen Limit der Kunststoffverordnung zeigten sich auch beim Schadstoff Formaldehyd: ­TopHit überschritt die geduldeten 15 Milligramm um das 8-fache, zak sogar um das 13-fache.

In einem zweiten Schritt analysierten die ­Tester die restlichen Produkte auf die bei Kunststoffen ebenfalls häufig verwendeten chemischen Substanzen Caprolactam und Hexamethylendiamin. Erfreulich zwar, dass Hexamethylendiamin bei keinem der ge­testeten Produkte nachweisbar war, bei ­Caprolactam wurden die Tester jedoch fündig: home, koziol und Rosti Mepal setzten diesen Stoff an die Testflüssigkeit ab.

Herstellerangaben helfen nicht

Außer bei den beiden letztplatzierten Kochbehelfen in der Tabelle liefern die Hersteller bei allen Testkandidaten Anwendungseinschränkungen mit. Bei welcher Temperatur wie lange umgerührt werden darf, entnahmen unsere Tester teils Bildhinweisen, teils mehrsprachigen Infos, die entweder direkt auf den Produkten klebten oder als Etikett beigefügt waren. Wie helfen diese Angaben in der Praxis? Gar nicht! In Wirklichkeit muss ein Kochlöffel Anforderungen erfüllen, die sich weder durch Zeit- noch durch ­Tem­peraturvorgaben beschränken lassen. Schließlich stellt sich niemand mit Stoppuhr und Thermometer an den Herd. Und wer hebt sich schon jedes Etikett auf?

Besser Holz statt Plastik

Solange es Herstellerbeschränkungen für Verwendungsdauer und Temperatur gibt, können wir Kochlöffel aus Kunststoff nicht wirklich empfehlen. Schließlich lässt sich beim Zubereiten nicht völlig ausschließen, dass der Kochbehelf längere Zeit in der vor sich hin köchelnden Speise steckt. Beispiel: Beim Einkochen von Marmelade entstehen hohe Temperaturen über einen langen Zeitraum. Ein zusätzlicher Nachteil ist, dass die Abgabe von Melamin und Formaldehyd auch nach mehrmaligem Verwenden der Koch­löffel nicht aufhört. Als unbedenklich erweist sich der Einsatz von Plastikkochlöffeln hin­gegen bei der Zubereitung kalter und mäßig warmer Speisen.

Durch unsere Leserkontakte wissen wir, dass es den Konsumenten ein wichtiges Anliegen ist, sich mit gesunden Lebensmitteln zu ernähren. Dabei gilt es, jegliche Belastung durch Schadstoffe zu vermeiden. Nicht zuletzt steht Formaldehyd im Verdacht, krebserregend zu sein. Auch die anderen untersuchten Substanzen haben im Essen nichts verloren. Beim Zubereiten heißer ­Gerichte sind Sie daher mit dem guten alten Holzkochlöffel oder mit Produkten aus ­Metall auf der sicheren Seite.

Testtabelle: Schadstoffe in Kochutensilien

Schlecht lesbar

Aufdruck: schwer zu finden und kaum lesbar

Bei einigen Kochutensilien fand sich der Gebrauchshinweis zusätzlich zum Etikett als Prägung auf dem Produkt. Was grundsätzlich praktisch anmutet, ist meist schlecht lesbar, weil Aufdruck und Kochlöffel in der gleichen Farbe gehalten sind: Beispiel: IKEA Rührspatel – die graue Aufschrift auf einem ebenfalls grauen Produkt ist kaum auffindbar geschweige denn lesbar.

Bild: VKI/K. Schreiner 

Zusammenfassung

  • Nicht verwenden. Benutzen Sie keine Kochutensilien aus Kunststoff für heiße Speisen.
  • Holzkochlöffel statt Kunststoff. Greifen Sie auf die guten alten Holz­kochlöffel zurück. Das gilt vor allem für Kochvorgänge mit langem Rühren bei hoher Hitze wie beispielsweise das Einkochen von Marmelade.
  • Reinigen. Wir empfehlen, Holzkoch­löffel vor dem ersten Verwenden aus hygienischen Gründen 5 Minuten in kochendes Wasser zu legen oder im Geschirrspüler zu waschen.
  • Austrocknen. Lassen Sie Holzkochlöffel nach dem Gebrauch gründlich trocknen. So halten sie länger. Beim Auftauchen von Rissen oder starken Verfärbungen ist es Zeit, das Produkt auszutauschen.

Testkriterien

Testkriterien

Wir haben 10 Küchenutensilien (Kochlöffel, Pfannenwender etc.) exemplarisch untersucht: Migration (Abgabe) gemäß „Guidelines on testing conditions for articles in contact with food stuff” - CRL-NRL-FCM Publikation (2009).

Als Migrationsansatz diente eine 3%ige Essigsäure. Die Produkte wurden 2 Stunden bei 100 Grad Celsius behandelt.
Für die Beurteilung wurde die Kunststoffverordnung herangezogen.

Anbieter

birambeau: Leifheit AG Niederlassung Österreich
IZ NÖ Süd, Straße 16, Objekt 69/5/II
A-2355 Wiener Neudorf
02236 649 23
www.leifheit.de

Fackelmann: Fackelmann GmbH & Co. KG
Werner-von-Siemens-Straße 6
D-91217 Hersbruck
+49 9151 811-0
www.fackelmann.de

home: Fackelmann GmbH & Co. KG
Werner-von-Siemens-Straße 6
D-91217 Hersbruck
+49 9151 811-0
www.fackelmann.de

homeware: Fackelmann GmbH & Co. KG
Werner-von-Siemens-Straße 6
D-91217 Hersbruck
+49 9151 811-0
www.fackelmann.de

IKEA Möbelvertrieb OHG
SCS Bürocenter Bürodeck 4
A-2334 Vösendorf
01 690 00-0
www.ikea.at

Koziol ideas for friends GmbH
Werner-von-Siemens-Straße 90
D-64711 Erbach
+49 6062 60 40
www.koziol.de 

mira HOME: Miraplast Kunststoffverarbeitungs GmbH
Schlossweg 1
A-3042 Würmla
02275 85 25
www.miraplast.at

Rosti Mepal: Mepal BV
Aalsvoort 101
NL-7241MB Lochem
+31 573 257 233
www.mepal.com

TopHit: R.Testrut GmbH & Co. KG
Am Elsholz 2
D-16766 Kremmen
+49 3305 58 90
www.testrut.de

Zak designs Europe AG
Laubisrütistrasse 52
CH-8712 Stäfa
+41 44 928 25 10
www.zak-designs.org 

Reaktionen

Nach Abschluss unseres Tests haben wir die beiden Firmen angeschrieben, deren Produkte sehr hohe Mengen an Melamin und Formaldehyd abgegeben haben.

Dieser Artikel (die komplette Melamin Serie) wurde im Jahr 2010 in der EU aus dem Verkehr gezogen! Der Kunde Happymarkt (bei diesem Kunden wurde der Artikel gefunden) behauptet, den Artikel aus einer Konkursware in Wien gekauft zu haben. Ein Außendienstmitarbeiter war heute im Happymarkt und konnte keine Melaminteile mehr von uns finden.

Harald Andesner
Testrut GmbH Austria
23. Mai 2012


Ihr Testresultat ist überraschend. Wir befolgen betriebsintern höchste Qualitätsstandards und lassen unsere Produkte – wie auch dieses – in regelmäßigen Intervallen von akkreditierten, unabhängigen Labors nach gesetzlich anerkannten Testmethoden testen. Grenzwertüberschreitungen ergaben sich dabei nicht. Auch behördlich wurden unsere Produkte immer wieder untersucht, ohne dass es Beanstandungen gab. Die Ursache für das von Ihnen ermittelte abweichende Ergebnis muss daher sorgfältig geklärt werden.

Verbraucherschutz steht bei uns an erster Stelle. Vorsorglich werden wir daher ab sofort den Vertrieb dieser Artikel einstellen und allenfalls nach vollständiger Lösung des Problems wieder aufnehmen.

Herbert Widmer
ZAK designs Europe AG
15. Juni 2012

Holzkochlöffel: roter Farbstoff unbedenklich

Holzkochlöffel: roter Farbstoff unbedenklich

Einige Leserinnen, die nach der Lektüre unseres Tests Holzkochlöffel gekauft und wie von uns empfohlen vor dem ersten Verwenden ausgekocht hatten, wendeten sich mit folgendem Problem an uns: Im Zuge des Auskochens von Kochlöffeln aus hellem Holz verfärbte sich das Wasser lila-rosa. Verständlicherweise machten sich die Leserinnen Sorgen, ob es sich dabei um Schadstoffe handeln würde.

Wir haben einen solchen Holzkochlöffel nun geprüft und können Entwarnung geben. Obwohl das für diese Kochutensilien verwendete Holz der Weißbuche hell ist, entsteht beim Auskochen ein natürlicher rötlicher Farbstoff. Dabei handelt es sich um Tannin, einen natürlichen Holzbestandteil, der nach derzeitigem wissenschaftlichem Stand unbedenklich ist. Tannin ist in jeder Holzart enthalten und im Übrigen auch Bestandteil von Tee. Die Abgabe dieses rötlichen Stoffes ist also kein Grund, Holzkochlöffel nicht zu verwenden. Im Gegenteil, beim Zubereiten von heißen Speisen ist man mit dem Verwenden von Holzkochlöffeln auf der sicheren Seite. Das fünf Minuten dauernde Auskochen vor dem ersten Gebrauch ist aus hygienischen Gründen sinnvoll.

Holzkochlöffel: Vor und nach dem Auskochen

Holzkochlöffel: roter Farbstoff unbedenklich; Bild: VKI/E. Würth 

Leserreaktionen

Verunsichert

Vor kurzem kaufte ich ein Set von fünf Holzkochlöffeln und hielt mich an die Firmenempfehlung, vor dem Erstgebrauch die Löffel auszukochen, bis das Wasser hell wird. Nun habe ich die Kochlöffel zum fünften Mal ausgekocht und das Wasser ist noch immer braun, zwar nicht mehr dunkelbraun, aber mittelbraun! Ist dies bedenklich?

Ilona Gälzer
E-Mail
(aus KONSUMENT 11/2012)

Wir haben einen solchen Holzkochlöffel geprüft und können Entwarnung geben. Beim rötlichen Farbstoff, der beim Auskochen entsteht, handelt es sich um den natürlichen Holzbestandteil Tannin. Dieser ist nach derzeitigem wissenschaftlichen Stand unbedenklich. Tannin ist in jeder Holzart und auch in Schwarztee enthalten. Die Abgabe dieses rötlichen Stoffes ist also kein Grund, Holzkochlöffel nicht zu verwenden. Im Gegenteil, beim Zubereiten von heißen Speisen ist man mit dem Verwenden von Holzkochlöffeln auf der sicheren Seite. Das fünf Minuten dauernde Auskochen vor dem ersten Gebrauch ist aus hygienischen Gründen sinnvoll.

Die Redaktion

Holz in den Müll

Als Küchenleiter eines Krankenhauses wurde ich beauftragt, alle Holzkochlöffel, Schneidbretter aus Ahornhartholz usw. auf die Müllhalde zu transportieren. Wir durften nur mehr Plastikschüsseln, Plastikschneidbretter, Plastikkochlöffel usw. verwenden. Als Begründung wurden Bakterien genannt. Dass dadurch Patienten und Spitalsbedienstete mit „gesunden“ Kochutensilien bekocht wurden, sei wohl dahingestellt.

Bruno Apfelknab
Bad Aussee
(aus KONSUMENT 9/2012)

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