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Geld nachhaltig anlegen: Beratung - Banken wenig sattelfest

Ethische Geldanlage: Noch fristen nachhaltige Finanzprodukte ein Schattendasein. Liegt es an der Beratung? In unserem Test bei 14 Banken zeigten sich die Berater bei Detailfragen jedenfalls wenig sattelfest und bewarben vor allem hauseigene Fonds.

Wir haben die Beratungsqualität bei folgenden Banken getestet:

  • Bank Austria 
  • Bank für Tirol und Vorarlberg (BTV) 
  • BAWAG P.S.K. 
  • Erste Bank 
  • HYPO NÖ 
  • HYPO OÖ 
  • HYPO Vbg. 
  • Oberbank
  • Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien 
  • Raiffeisenlandesbank OÖ 
  • Raiffeisen-Landesbank Stmk.
  • Sparkasse OÖ 
  • Steiermärkische Bank und Sparkassen AG 
  • Volksbank Wien 

Die Testtabelle enthält Informationen und Bewertungen zu: Ambiente, Bedarfsanalyse, Produktempfehlung, Informationen zu den Produktempfehlungen, subjektiver Eindruck.


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Hier unser Testbericht:

Nachhaltig zu konsumieren ist vielen Österreichern ein Anliegen. Sie greifen im Supermarkt zu Fairtrade-zertifizierten Bananen, verzichten auf Palmölprodukte oder lassen sich nur mit Ökostrom be­liefern. Weit weniger geläufig ist vielen Konsumenten hingegen, dass sie auch mit nachhaltigen Finanzprodukten Einfluss darauf nehmen können, wie "grün" und "fair" sich die Welt entwickelt.

Finanzvermögen in Österreich

Das Finanzvermögen der heimischen Haushalte betrug 2016 laut Oesterreichischer Nationalbank 625 Milliarden Euro. Damit halten sie fast die Hälfte des gesamten Finanzvermögens des Landes (Unternehmen: 500 Milliarden Euro; öffentliche Hand: 206 Milliarden Euro).

Den privaten Haushalten fällt also eine maßgebliche Rolle bei der Frage zu, in welche Unternehmen, in welche Staaten bzw. in welche Projekte Geld investiert wird. Der Gestaltungsspielraum wäre groß. Die Realität sieht allerdings anders aus. Ungeachtet historisch niedriger Zinssätze bei täglich fälligen Einlagen bunkern viele Österreicher ihre Ersparnisse nach wie vor am liebsten auf dem Sparbuch.

Grüne Investments nötig

Faktum ist, dass das Thema einer nachhaltigen Finanzwirtschaft stärker in den Fokus der Öffentlichkeit rücken muss, damit (internationale) Nachhaltigkeits­ziele erreicht werden können.

Beispielsweise das im Pariser Klimaabkommen vereinbarte Zwei-Grad-Erderwärmungsziel: Valdis Dombrovskis, EU-Kommissar für den Euro und den sozialen Dialog, wies im Juli darauf hin, dass in Europa Investitionen in erneuerbare Energien von jährlich 180 Milliarden Euro nötig seien, um dieses Ziel erreichen zu können. Dafür bedürfe es u.a. einer raschen Etablierung von euro­päischen Standards für grüne/nachhaltige Investmentprodukte sowie ein entsprechendes Klassifizierungssystem.

Zwei Testszenarien

Markt noch relativ klein

Der Markt für nachhaltige Geldanlagen ist in Österreich noch relativ klein, aber er wächst. Das Volumen stieg von rund 1,2 Milliarden Euro im Jahr 2005 auf immerhin 10,72 Milliarden Euro im Jahr 2016. Ob dieser Wert höher wäre, wenn heimische Banken nachhaltige Finanzprodukte aktiver bewerben würden, sei dahingestellt. Jedenfalls erhöhte sich im selben Zeitraum in Deutschland und der Schweiz das Volumen um das über 25-Fache.

KONSUMENT ging in seiner Erhebung der Frage nach, inwieweit die Banken fit sind, um interessierte Kunden professionell zum Thema nachhaltiges Investment zu be­raten. Für diesen Zweck schwärmten unsere Tester im Juni in Wien, Graz, Linz und Innsbruck aus, um insgesamt 14 Filialbanken unter die Lupe zu nehmen – natürlich inkognito.

Die beiden Testszenarien

Kurz umrissen, ging ein Teil unserer Tester mit der Vorgabe zu den Beratungsge­sprächen, 10.000 Euro für mindestens vier Jahre nachhaltig veranlagen zu wollen – unter keinen Umständen im Bereich Atomkraft/Kernenergie. Der andere Teil der Tester widmete sich dem zweiten Szenario: 20.000 Euro sollten für vier Jahre veranlagt, aber keinesfalls Tier­versuche damit finanziert werden. Jede Bank wurde insgesamt vier Mal mit diesen beiden Szenarien getestet.

Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Keine der Banken rasselte bei unserem Test komplett durch. Neun Mal lautete das Ergebnis "gut", fünf Mal "durchschnittlich" (siehe Tabelle). Vor allem in Oberösterreich scheint das Thema bereits stärker Platz gegriffen zu haben: Lässt man die Oberbank außen vor (letzter Platz), finden sich drei der vier ge­testeten oberösterreichischen Banken unter den Top 5 unserer Erhebung.

Nachhaltigkeit mit Negativkriterien ...

Aber bevor auf die Ergebnisse im Detail ­eingegangen wird, noch ein kurzer Exkurs zur Frage, was unter einer nachhaltigen/ethischen Geldanlage zu verstehen ist: Im Grunde nichts anderes als unter einer ­herkömmlichen Geldanlage, erweitert um die Aspekte Ökologie, Ethik und Soziales. Die Berücksichtigung dieser Aspekte in den Finanzprodukten erfolgt durch verschie­dene Ansätze. Der am einfachsten zu vergleichende Ansatz ist das Ausschluss­kriterium: Unternehmen, in die investiert wird, dürfen keine Umsätze (oder z.B. nur zwei Prozent davon) mit Atomkraft, Waffen, Glücksspiel etc. erwirtschaften.

... oder Positivkriterien

Wenn in Staaten (Anleihen) investiert wird, dann werden Themen wie Arbeits- und Menschen­­rechte, die Todesstrafe oder hohe Rüstungsbudgets herangezogen. Im Falle der Positiv­­kriterien werden gezielt ­Unternehmen bzw. Staaten finanziert, die bestimmte positive Merkmale aufweisen; also z.B. nur Unternehmen aus der Öko­energie­branche oder jene, die freiwillig ­bestimmte Verhaltensregeln befolgen. Das Best-in-Class-Kriterium (ebenfalls ein Positivkriterium) zielt darauf ab, dass nur die (z.B. drei) nachhaltigsten Unternehmen einer Branche finanziert werden.

Berater wenig sattelfest

Berater wenig sattelfest

In den Gesprächen, die unsere Tester in den Bankfilialen führten, zeigte sich recht deutlich, dass Anlageberatung mit dem Schwerpunkt Nachhaltigkeit für viele Berater Neuland ist. Die wenigsten zeigten sich firm bei den zuvor erwähnten Ausschluss- bzw. Positivkriterien. So mancher Berater versuchte geflissentlich, das Nachhaltigkeitsthema zu umschiffen, und bot andere Produkte an. Besonders schlecht in puncto Produktempfehlungen schnitten die Oberbank und die Volksbank Wien ab, die uns vor allem konventionelle Fonds andrehen wollten. Einige Be­rater anderer Banken boten auch Girokonten oder Kapitalsparbücher an.

Fast die Hälfte unserer Tester hatte entsprechend nicht das Gefühl, kompetent zum Thema Nachhaltiges Anlegen beraten worden zu sein.

Darüber hinaus priesen die Berater fast nur die hauseigenen Nachhaltigkeitsfonds an (aus der meist bankeigenen Kapitalanlagegesellschaft). Das schränkte die Auswahl natürlich erheblich ein.

Angenehme Atmosphäre

Doch auch von engagierten Beratern können wir berichten. Beim Testsieger ­Raiffeisenlandesbank OÖ zum Beispiel griff einer der Berater, als er im Zuge des Gesprächs ein Detail nicht beantworten konnte, kurzerhand zum Telefon und fragte beim Manager des gerade besprochenen Fonds nach. Ein solches Verhalten hätten wir uns öfter erhofft.

Service, Ambiente, Freundlichkeit und die Bedarfsanalyse wurden von den Testern im Durchschnitt als relativ gut empfunden. Drei Viertel von ihnen beurteilten die Qualität der Beratung insgesamt mit "sehr gut" oder "gut". Ebenfalls positiv hervorzuheben: Die Banken nahmen sich Zeit für uns; die Beratungsgespräche hatten eine angemessene Länge, im Durchschnitt eine halbe Stunde.

Beratungsärger bei BAWAG P.S.K.

Wie man es nicht macht, zeigte die BAWAG P.S.K.: Der vereinbarte Beratungstermin wurde abgesagt – und zwar erst, als der Tester bereits in der Filiale war. Selbiges passierte auch beim zweiten Termin. Auf Drängen des Testers konnte dieser dann doch warten (eine geschlagene Stunde) und das Beratungsgespräch wahrnehmen. Die groß angepriesene Fonds-Expertin erwies sich dann als wenig kompetent und speiste den Tester mit einer zehnminütigen, oberflächlichen Beratung ab.

Testtabelle: Beratung nachhaltige Geldanlage

Zertifizierte Fonds

Gütesiegel bieten eine gute Orientierungshilfe, um sich dem Thema "Nachhaltig an­legen" zu nähern.

Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Siegel, drei stellen wir kurz vor.

Österreichisches Umweltzeichen Umweltzeichen: Das Österreichische Umweltzeichen für nachhaltige Finanzprodukte (ZU 49) hat aktuell 78 Fonds zertifiziert. Um das Label zu erhalten, müssen die Fonds klare Kriterien erfüllen: Ausschluss­kriterien wie z.B. Atomkraft oder Rüstungsgüter sind verpflichtend; darüber hinaus sind Positivkriterien wie Lieferketten, Biodiversität, Mitarbeiter- und Klimaschutz definiert. Umweltzeichen: Nachhaltige Finanzprodukte

FNG-SiegelFNG-Siegel: Das Siegel wurde 2015 im deutschsprachigen Raum eingeführt, aktuell führen es 38 Fonds. Zertifiziert wird ein Fonds, wenn er gewisse Mindestanforderungen erfüllt (u.a. Ausschluss von Waffen und Kernkraft, Berücksichtigung von Menschen- und Arbeitsrechten, Umweltschutz und Bekämpfung von Korruption und Bestechung). Zudem gibt es eine Auszeichnung mit bis zu drei Sternen für Fonds mit besonderen Nachhaltigkeits-Leistungen. FNG-Nachhaltigkeitssiegel für Geldanlagen

Eurosif-Label Transparency CodeEurosif-Label: Das European Sustainable and Responsible Investment Forum (Eurosif) prüft nicht die soziale oder ökologische Qualität eines Fonds, sondern nur dessen Transparenz. Es geht also darum‚ dass Konsumenten sich umfassend informieren können. Aktuell sind mehr als 700 Fonds zertifiziert. Eurosif: Transparenz-Label

VKI-Tipps

Wie unser Test zeigt, haben die heimischen Filialbanken noch großen Aufholbedarf beim Thema "Nachhaltig anlegen".

Auf dem Weg zum passenden Anlageprodukt sollten daher einige Eckpunkte beachtet werden:

- Machen Sie sich einen Termin bei der Bank aus und präzisieren Sie Ihr Anliegen schon vorab. Im Optimalfall wird die Bank dann ihren Nachhaltigkeitsexperten (so vorhanden) damit betrauen.

- Wenn Sie konkrete Vorstellungen haben (Ausschluss- bzw. Positivkriterien): Schreiben Sie sich die wichtigsten Punkte auf und fragen Sie im Zuge des Beratungsgesprächs immer wieder nach.

- Sollte ein Anlegerprofil erstellt werden, kontrollieren Sie dieses, aber unterschreiben Sie es nur, wenn es zu 100 Prozent Ihren Bedürfnissen entspricht.

- Unterschreiben Sie auch nicht das erstbeste Angebot. Oft offerieren Banken nur hauseigene Produkte. Der Besuch mehrerer Banken oder der Weg zum unabhängigen Vermögensberater eröffnet die Möglichkeit, aus einem größeren Teil des Fonds-Marktes wählen zu können.

- Wenn Sie bereits ein Anlageexperte sind, können Sie Kosten sparen, indem Sie sich ein Online-Depot zulegen.

- Per se gibt es hinsichtlich Risiko bzw. Rendite keine signifikanten Unterschiede zwischen nachhaltigen und konventionellen Fonds. Aber freilich gilt auch hier: Nicht alles auf ein Pferd setzen, die Mischung macht‘s bzw. die Auswahl guter Fonds.

Testkriterien

15 Tester führten Beratungsgespräche in Wien, Graz, Linz und Innsbruck.

Um eine Verzerrung der Ergebnisse durch Erfahrung möglichst zu vermeiden, waren es pro Tester maximal 5 Beratungsgespräche. Jede bewertete Bank wurde 4-mal mit zwei unterschiedlichen Szenarien getestet.

Testszenario 1: keine Atomkraft

Bei diesem Szenario wurden die Tester mit der Vorgabe zu den Beratungsgesprächen geschickt, dass sie aufgrund einer familiären Schenkung 10.000 Euro erhalten haben; die gesamte Summe soll für mindestens 4 Jahre angelegt werden. Nachhaltigkeit bzw. Ethik war den Testern ein sehr wichtiges Anliegen; noch präziser: Die Tester outeten sich als überzeugte Gegner von Kernenergie/Atomkraft und wollten auf keinen Fall, dass ihr Geld in diesem Bereich angelegt wird. Man wollte eine Anlage, die Rendite bringt, aber es war auch klar, dass im Fall einer Krise die Kurse fallen können. Lediglich einen Totalverlust wollte man nicht riskieren.

Testszenario 2: keine Tierversuche

Die Eckpunkte zum Testszenario 1 unterschieden sich nur dadurch, dass 20.000 Euro angelegt werden sollten. Das Ausschlusskriterium waren Tierversuche.

Bewertungskriterien

Im Anschluss an jedes Beratungsgespräch mussten die Tester einen Online-Fragebogen (~ 80 Fragen) zu folgenden fünf Bewertungskriterien durchführen:

Ambiente: Wartezeit auf Termin, Wartezeit in der Bank, Beratung in offenem oder geschlossenem Bereich, sitzend oder stehend, gefühlte Freundlichkeit des Beraters etc.

Bedarfsanalyse: Wurden Veranlagungsdauer, Veranlagungssumme, Risikobereitschaft, bestehende Produkte und die Erfahrung mit Finanzprodukten vom Berater abgefragt?

Produktempfehlung: Es wurden die zwei am stärksten beworbenen Produkte bewertet. Die für die Szenarien relevanten Kriterien wurden uns von der RFU (Reinhard Friesenbichler Unternehmensberatung) zur Verfügung gestellt. Der Kriterienkatalog wurde mit den Aussagen der Berater sowie dem generellen Passen des Produkts verglichen.

Informationen zu den Produktempfehlungen: Wurden Risiken, Kosten, Laufzeit, Folgen eines vorzeitigen Ausstiegs, Bonität des Emittenten der Produktempfehlung erläutert?

Subjektiver Eindruck der Tester: Hier wurden die subjektiven Beurteilungen der Tester zur Bewertung herangezogen. Abgefragt wurde z.B.: "Haben Sie das Gefühl, dass Ihre Einstellung zur Nachhaltigkeit (inkl. Ihrem Ausschlusskriterium Atomkraft/Tierversuche) gemäß dem Testszenario ausreichend berücksichtigt wurde?" Oder: "Haben Sie das Gefühl, Sie wurden kompetent zum Thema Nachhaltigkeit beraten?"

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