Zum Inhalt

Handyverlust - Vergebene Chancen

Ein verlorenes Handy wäre leicht auffindbar. In der Praxis nützt das betroffenen Konsumenten nichts, also sind eigene Vorsorgemaßnahmen dringend zu empfehlen.

Handy verloren oder gestohlen? Schlecht, sehr schlecht. Denn die Chance, es wieder zurückzubekommen, tendiert gegen null. Mehr noch: Bei Österreichs Kripo weiß man nicht einmal, wie viele Handys eigentlich ­gestohlen werden. Bei den Mobilfunk-Netzbetreibern auch nicht. Handydiebstahl "ist kein kriminologisches Delikt", erfuhren wir dazu aus dem Innenministerium. Man verbuche im Zusammenhang mit "mobilen Kommunikations­geräten" nur Raub, das heißt Fälle, in denen Gewalt­androhung oder Gewaltanwendung im Spiel ist. Und das war im vergangenen Jahr mehr als 500 Mal der Fall.

Zehntausende Fälle jährlich

Dass Handyuser gut daran tun, auch das ­Thema Diebstahl und Verlust nicht ähnlich distanziert zu betrachten wie die Kripo, ­zeigen die – allerdings schon etwas angestaubten – Zahlen aus dem Jahr 2009, die vom Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) erhoben wurden: Rund 28.000 Diebstähle wurden damals angezeigt, davon fast die Hälfte allein in Wien. Berücksichtigt man ­eine wohl nicht unerhebliche Zahl von nicht angezeigten Fällen ("Das bringt eh nix") sowie die in den letzten Jahren erfolgte ­weitere Vermehrung der Handys – und vor allem der Smartphones, mit gesteigerter ­Attraktivität für unredliche Zeitgenossen –, so kann man vermutlich davon ausgehen, dass in Österreich etwa alle 15 Minuten ein Handy unfreiwillig den Besitzer wechselt. Aufklärungsquote 2009 landesweit laut KfV: 6 Prozent (Wien 4 Prozent). Die "Bringt eh nix"-Skeptiker liegen also nahe an der Wahrheit.

Technisch wäre vieles möglich

Dennoch sollte man den Beamten einen Besuch abstatten; ­warum, davon später. Fakt ist: Technisch wäre es kein Problem, gestohlene Handys zu orten, es wird aber bei Diebstahl nicht gemacht; bei Raub ist es Ermessenssache der Beamten. Technisch wäre es weiters auch kein Problem, Räubern, Langfingern und unehrlichen Findern die Lust am Tun überhaupt gründlich zu vermasseln: mithilfe der IMEI-Nummer. Aber die heimischen Netzbetreiber machen davon leider nicht ernsthaft Gebrauch.

IMEI-Nummer und Gesetze für Spitzbuben

Alles wäre möglich – nichts wird getan

Die IMEI-Nummer ist ein 15-stelliger Code, der weltweit jeweils nur einmal vergeben wird (oder werden sollte – es gibt hier einen kleineren Graubereich). Dieser "International Mobile Equipment Identifier" ist fest an die Hardware gebunden und kann auch bei einem Tausch der SIM-Karte nicht verändert werden. Das erlaubt nicht nur die eindeutige Identi­fizierung des Geräts, sondern auch dessen totale Sperre. Dazu müsste von den Netz­betreibern lediglich die IMEI-Nummer in einer "Blacklist" erfasst und das Handy gesperrt werden. Schluss mit lustig für die Ganoven – und wohl über 20.000 Delikte jährlich weniger wären das mögliche Ergebnis.

Gesetzgeber schaut zu

Von den heimischen Netzbetreibern ließ uns einzig Orange wissen, dass man eine IMEI-Blacklist führe und bei Sperre das Handy ­somit nicht mehr im österreichischen Orange-Netz einsetzbar sei (es bleibt abzuwarten, wie sich dieser Punkt nach Übernahme durch "3" gestaltet). Bei den anderen geht es aber mit einer neuen SIM-Karte fröhlich weiter. Denn denen ist das Führen einer solchen Blacklist zu aufwendig, wie man KONSUMENT mitteilte.

Parlamentarische Diskussionen, die Netz­betreiber zum Einsatz der IMEI-Nummer zu verpflichten, reichen bereits ein halbes Jahrzehnt zurück und blieben bislang ergebnislos.

Handybetreiber als Nutznießer

Manche mutmaßen freilich, dass ein Handydiebstahl oder -verlust die Netzbetreiber gar nicht so traurig stimmt; bedeutet doch jedes gestohlene oder verlorene Handy in der ­Regel ein neu verkauftes Handy bzw. eine entsprechende Vertragsverlängerung. Denn einen Providerwechsel nach Diebstahl oder Verlust wird sich wohl jeder Handyuser gut überlegen, müsste er in diesem Fall doch ­neben dem neuen auch den alten Vertrag bis zu dessen Auslaufen weiterhin bezahlen. Und da es im ganzen Land kein einziges ­Handy gibt, das wirklich um null Euro zu bekommen ist, kann das ganz schön ins Geld gehen.

Von Exekutive keine aktive Hilfe zu erwarten

Von der Exekutive hat der Handybesitzer im Fall eines Diebstahls also keine aktive Hilfe zu erwarten. Ortungen werden nicht durchgeführt, vielmehr wird vor den Dieb per ­Gesetz eine Art Schutzschild gehalten, der ihn ruhig schlafen lässt. Denn selbst wenn zweifelsfrei bestimmt werden kann, wo sich das Diebesgut befindet, bedarf es einer staatsanwaltlichen bzw. richterlichen Anordnung, bevor die Beamten etwa zu einer Hausdurchsuchung ausrücken können. Bis zur Genehmigung dauert es, sofern sie überhaupt erteilt wird, Wochen.

Spitzbube, du hast es besser

Bei "normalen Bürger" ist man da nicht so Rechtsstaat-besorgt: Auf Basis des ­Sicherheitspolizeigesetzes aus 2008 sind die Mobilfunkbetreiber auf Ansuchen der Polizei verpflichtet, die Standortdaten von Handys sowie die persönlichen Daten von IP-Adressen herauszugeben. Und DAS klappt ganz ohne Richter, und selbst ohne dass der Bürger zumindest im Nachhinein informiert werden müsste. Spitzbube, du hast es besser.

Ortungssoftware fürs Smartphone

Privater Schutzschild fürs Smartphone

Kein Wunder also, dass immer mehr Smartphone-Benutzer zur Selbsthilfe greifen: "Ortungssoftware" lautet hier das Stichwort. Diese gibt es für alle modernen Smartphones und alle darauf laufenden Betriebssysteme. Teils werden sie von den Smart­phone-Herstellern oder Netzprovidern selbst angeboten, teils sind sie Bestandteil von ­Virenschutz-Software, teils Stand-alone-Programme. Die meisten müssen allerdings vor Verlust oder Diebstahl installiert werden und das Handy muss eingeschaltet sein, ­damit die Software ihren Dienst verrichten kann. Dabei gibt es erhebliche Leistungs­unterschiede, alle aber können Folgendes:

  • Standpunkt zeigen: den aktuellen Standort des Smartphones, iPhones oder Tablet-Computers via GPS auf wenige Meter genau orten (natürlich nur, sofern das Gerät über GPS-Fähigkeiten verfügt) und den Standort auf einer Karte anzeigen. Auch eine Ortung über die Funkzellen der Netzanbieter wäre für nicht GPS-fähige "normale" Handys prinzipiell möglich – die österreichischen Anbieter haben diese Option aber nicht freigeschaltet, im Unterschied etwa zu Deutschland.
  • Sperren: das Gerät für die weitere Benutzung sperren
  • Daten löschen: persönliche Daten und Dateien (Kontakte, Fotos etc.) vom Gerät und der SD-Karte löschen

Weitere Features:

  • Senden eines grellen Sirenentons an das Gerät, der selbst dann ertönt, wenn es auf stumm geschaltet ist (auch dann hilfreich, wenn man es verlegt hat). Der Alarm lässt sich häufig nur durch den rechtmäßigen Besitzer wieder abschalten.
  • Senden einer Nachricht an den Finder/Dieb
  • Fotografieren der momentanen Umgebungssituation und Übermittlung der Aufnahmen an den Besitzer
  • Mithören, was sich im Umfeld des neuen "Besitzers" akustisch tut
  • Benachrichtigung, wenn eine neue SIM-Karte eingesetzt wird, samt Übermittlung der neuen Rufnummer

Die Aktivierung dieser Funktionen erfolgt entweder über das Webportal des Soft­ware-/Dienstanbieters oder durch Senden einer (für den Dieb unsichtbaren) Befehls-SMS an das Smartphone. Clever!

Keine Selbstjustiz

Nur: Was hilft es, wenn man den Standort seines Handys auf wenige Meter genau kennt? Die Polizei würde auch in diesem Fall nicht aktiv bzw. allenfalls mit den oben ­erwähnten wochenlangen Wartezeiten. Auch von der Methode "Baseballschläger und Pfefferspray" zur persönlichen Rück­holung seines Eigentums ist abzuraten, denn dann wäre man selbst ein Übeltäter und als Normalbürger ganz ohne "Schutzschild".

Alle Handy-Besitzer müssten handeln

Man kann aber immerhin seine privaten ­Daten für den Dieb unzugänglich machen und ihm die Freude am Diebesgut ordentlich versalzen. Bei konsequenter Anwendung durch alle Smartphone-Besitzer würde das wohl einige Zehntausend Delikte jährlich weniger bedeuteten. Ganz ohne Staat. Und zu einem lächerlichen Preis: Die meisten ­Ortungsprogramme sind gratis oder kosten gerade einmal einige Euros.

Maßnahmen im Vorfeld

Es ist wie beim Verlust oder Diebstahl der Brieftasche: Abhanden gekommenes Geld mag schmerzen; verschwundene Ausweise, Führerscheine, Plastikkarten aber ziehen einen echten Rattenschwanz von Problemen nach sich. Deshalb:

  • Daten sichern: Sichern Sie Ihre Handydaten regelmäßig auf dem PC. Da kaum noch jemand ein manuelles Adressen- oder Rufnummernverzeichnis führt, kann der Totalverlust dieser Informationen ärgerlich bis existenzbedrohend sein; vor allem, wenn Sie auch Ihre beruflichen Termine und Kontakte (nur) im Handy gespeichert haben.
  • Kennwort merken: Bei Anmeldung Ihres Handys haben Sie sich für ein Kennwort entschieden. Dieses benötigen sie in jedem Fall, um die SIM-Card sperren zu lassen. Notieren Sie es nicht nur auf einem Zettel, lernen Sie es vielmehr auswendig. Denn Ihren Kopf haben Sie immer dabei. So können Sie im Notfall auch von unterwegs aus sofort reagieren, anstatt erst daheim Schubladen zur durchwühlen. Schließlich ist Zeit in dieser Situation Geld: Jede Minute, die vor der Sperre verstreicht, gibt dem Dieb/Finder die Möglichkeit, Ihr Geld zu vertelefonieren. Von den Netzbetreibern können Sie in diesem Fall keine Rückerstattung oder Gutschrift erwarten.
  • Registrierung: Wenn Sie mit Wertkarte telefonieren, lassen Sie sich registrieren, andernfalls ist später ­keine Sperre der SIM-Karte möglich.
  • Diebstahlversicherung: Erwägen Sie bei hochwertigen Geräten den Abschluss einer Diebstahlversicherung. Aber Vorsicht: Auf keinen Fall gleich im Handyshop unterschreiben; lesen Sie das massig vorhandene Kleingedruckte vielmehr daheim in Ruhe durch. Fallstricke lauern beim Selbst­behalt und in der gerne verwendeten Klausel "Ausschluss von Schäden durch Diebstahl aus einem verkehrsüblichen Transportmittel".
  • IMEI-Nummer notieren: Notieren Sie die IMEI-Nummer Ihres ­Handys und tragen Sie das Zettelchen in Ihrer Brieftasche mit sich. Geben Sie bei einer Diebstahlsanzeige diese IMEI-Nummer zu Protokoll. So kann das Handy eindeutig identifiziert und Ihnen als Besitzer zugeordnet werden, sollte es mehr oder weniger zufällig wieder auftauchen. Sie rufen die IMEI-Nummer Ihres Gerätes ab durch Eingabe von *#06# auf der Handy-Tastatur. Das Ergebnis ist eine 15-stellige Zahl.
  • Ortungssoftware laden: Laden Sie rechtzeitig Ortungssoftware auf Ihr Smartphone, die es Ihnen erlaubt, dieses im Schadensfall zu lokalisieren und/oder sensible Daten zu löschen, bevor der Dieb/Finder Einsicht nehmen kann.

Maßnahmen im Betrieb

Das ist wie bei Kasperl und Krokodil: ein ewiger Kampf zwischen Gut und Böse, Vernunft und Bequemlichkeit. Wenn Sie der Vernunft den Vorzug geben wollen:

  • Abschalten: Schalten Sie das Handy möglichst aus, wenn Sie keinen Anruf erwarten (damit stößt der Dieb an die Barriere der PIN-Abfrage).
  • PIN-Abfrage: Aktivieren Sie zumindest die PIN-Abfrage auf Ihrem Handy, auch wenn es lästig erscheinen mag, den Code bei jedem Neustart ein­geben zu ­müssen. Für Gelegenheitsdiebe stellt sie eine schwer zu nehmenden Hürde dar.
  • Tastatur-Sperre: Wenn Ihr Gerät das erlaubt, geben Sie zusätzlich einen Zugriffscode ein (Zahlen­kombination oder Bildschirmmuster, das über den Touchscreen erfasst wird), um die Tastatur zu sperren/entsperren.
  • Am Körper tragen: Tragen Sie Ihr Handy möglichst nahe am Körper, lassen Sie es nicht unbeaufsichtigt herumliegen (auch nicht in Handtasche, ­ Sakko usw.), natürlich schon gar nicht im geparkten Auto.
  • Nicht ausleihen: Verleihen Sie es in unübersichtlichen Situationen nicht an Fremde, die "nur schnell einmal einen wichtigen Anruf tätigen“ wollen.
  • Nicht protzen: Protzen Sie nicht mit Ihrem neuen Super-Smartphone! Diebe – und vor allem auch ­Räuber – werden dadurch geradezu magisch angezogen: Sie spionieren ihre Opfer im ­neutralen Raum (Öffis, Gaststätten usw.) aus und stellen ihnen dann nach, um sie schließlich an einem weniger belebten Ort zu berauben.

Maßnahmen bei Verlust

Ihr Handy ist weg:

  • Sofern Sie Ortungssoftware installiert haben, setzen Sie diese nun ein.
  • Lassen Sie danach sofort die SIM-Karte durch Anruf bei Ihrem Netzanbieter sperren.
  • Erstatten Sie Anzeige bei der Polizei – auch wenn die Chancen auf Wiederbeschaffung minimal sind: Das Ausstellen einer (kostenlosen) Ersatz-SIM-Karte für das neue Handy durch Ihren ­Netzbetreiber kann dadurch erleichtert werden. Außerdem findet selbst ein blindes Huhn ­manchmal ein Korn.

Zusammenfassung

  • Dem Datenverlust vorbeugen. Sichern Sie alle auf dem Handy befind­lichen Daten regelmäßig.
  • Verwendung erschweren. Wenden Sie PIN-Code und Tastatursperre zur Zugangssicherung an.
  • IMEI-Nummer. Sie ist der "Finger­abdruck des Handys". Notieren Sie die IMEI-Nummer Ihres Geräts.
  • Hilfreich. Installieren Sie Ortungssoftware von Providern oder Herstellern.
  • Sperre. Lassen Sie im Fall von Verlust oder Diebstahl die SIM-Karte sofort sperren.
  • Anzeige. Erstatten Sie trotz der geringen Aussicht auf Erfolg eine Diebstahls-/Verlustanzeige.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

ID Austria: Digital ist besser? premium

ID Austria: Digital ist besser?

Die Handy-Signatur ist Geschichte. Die ID Austria bietet nun die Möglichkeit einer „digitalen Identität“. Wo liegen die Knackpunkte? Wir haben recherchiert.

Gefördert aus Mitteln des Sozialministeriums 

Sozialministerium

Zum Seitenanfang