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Puppe: "My friend Cayla" - Wanze im Kinderzimmer

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Kein gutes Geschenk für den Nachwuchs: Die interaktive Puppe "My friend Cayla" hört mit, macht perfide Werbung und lässt sich mühelos hacken. - Jetzt ruft sogar die deutsche Netzagentur Eltern auf, die Puppe zu zerstören.

My friend Cayla (Bild: VKI)Lesen Sie auch: www.konsument.at/enox-kinder-smartwatch-sicherheitsluecke


Nicht nur Kühlschränke gehen mittlerweile online. Das Internet der Dinge hat die Spielzeugkiste erreicht. Puppen, die Antworten auf Kinderfragen geben und kleine Plastikroboter, die vom aktuellen Wetter plaudern, sind Wirklichkeit geworden. Das sogenannte interaktive Spielzeug mag zwar einiges können, was das analoge nicht auf dem Kasten hat. Dafür birgt es ernstzunehmende Gefahren in sich.

Erhebliche Datenschutzmängel

Die norwegische Verbraucherorganisation Forbrukkerradet hat drei solcher Spielzeuge unter die Lupe genommen, darunter auch die hierzulande erhältliche Puppe „My Friend Cayla“. Das Ergebnis: Die Spielsachen weisen gleich mehrere bedenkliche Mängel auf, etwa was die Sicherheit betrifft. - Diese Mängel sind so gravierend, dass (Stand: 17.2.2017) die deutsche Netzagentur Eltern aufruft, die Puppe "Cayla" zu zerstören. Warum? Weil sie über Mikrofon und Funkanlage verfügt, damit eine getarnte Abhöranlage darstellt, und diese dürfen in Deutschland (§ 90 Dt TKG) nicht vertrieben werden. In Österreich gibt es soweit ersichtlich, keine vergleichbare Regelung.

Aber alles der Reihe nach: Cayla beispielsweise kann mehr als nur Fragen beantworten und Geschichten vorlesen. Sie ist über Bluetooth mit einer Smartphone-App verbunden, wobei beim Verbinden kein Passwort abgefragt wird. Dadurch kann sich theoretisch ein jeder in der Nähe befindliche Smartphone-Nutzer in die Kommunikation einklinken. Je nach baulichen Gegebenheiten kann er im Umkreis von 10 bis 20 Meter mitlauschen, was im Kinderzimmer geredet wird, kann die Puppe umprogrammieren und sie Dinge „sprechen lassen“, von denen Eltern nicht wollen, dass ihre Kinder sie hören.

Mehrfache Verstöße

Weiters fanden die Tester illegale Klauseln in den Nutzungsbedingungen. Persönliche Daten von Cayla-Usern werden zu Marketingzwecken verwendet und an nicht näher genannte Dritte weitergegeben. Die dadurch gewonnenen Infos werden verwertet, um dem Nutzer maßgeschneiderte Werbung zu schicken. Außerdem können die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) geändert werden, ohne die User zu verständigen. Das alles verstößt gegen die Datenschutz-Gesetze der EU und die Richtlinien der Spielzeugsicherheit, weshalb wir derzeit ein rechtliches Vorgehen prüfen.

 

Datenkrake

Spezialist für Spracherkennungssoftware

Alles, was das Kind zur Puppe sagt, wird an das in den USA ansässige, auf Spracherkennungssoftware spezialisierte Unternehmen Nuance Communications weitergegeben. Wobei sich auch diese Firma das Recht vorbehält, die Information mit Dritten zu teilen und zu einer Vielzahl von Zwecken zu verwerten.

Aufdringliche Produktwerbung

Obendrein plappern die Spielzeuge vorprogrammierte Sätze, die beim Vermarkten von Produkten behilflich sind, mit denen die Herstellerfirmen Deals abgeschlossen haben. So erzählt Cayla gerne, wie sehr sie Arielle, die Meerjungfrau mag, wohl vor allem deshalb weil der App-Entwickler ToyQuest eine Kooperation mit Disney unterhält.

Kinder als Versuchskaninchen

Vom Kauf der Puppe wird tunlichst abgeraten. Sie birgt all die Probleme in sich, die sinnbildlich für den schnell wachsenden Markt der interaktiven Spielzeuge bzw. der vernetzten (Haushalts-)Geräte im Allgemeinen stehen. Deren Herstellern fehlt meist sowohl das Interesse an als auch die Erfahrung mit der sicheren Internetnutzung. Für solche nicht ausreichend erprobte Produkte sollten Konsumenten – und speziell Kinder – keinesfalls als Versuchskaninchen herhalten.

Begrenzte Spielfreude

Auch abseits aller bereits genannten Probleme hat uns My Friend Cayla nicht wirklich überzeugt, weil das Konzept insgesamt schlecht umgesetzt ist.

Tipps für Konsumenten

  • Wenn Sie das Spielzeug bestellt haben und nicht mehr wollen, können Sie bei Kauf im Internet (oder telefonisch) unter Umständen noch vom 14-tägigen Rücktrittsrecht ab Erhalt der Ware Gebrauch machen.
  • Wenn diese Frist verstrichen ist, können Sie unserer Ansicht nach wegen Mängeln, etwa den oben geschilderten Sicherheitsbedenken, Gebrauch von Ihrem gesetzlichen Gewährleistungsrecht machen. Die VKI-Beratung unterstützt sie bei Problemen.
  • Wenn Sie die Bedenken der Konsumentenschützer teilen – beschweren Sie sich beim Handel und den Herstellern.
  • Reden Sie mit Ihrem Kind darüber, was das Spielzeug kann und was es bedeutet, dass es mit dem Internet verbunden ist.
  • Sehen Sie sich an, wie die Puppe auf Fragen reagiert. Sie wird mit vorprogrammierten Sätzen geliefert, kann sich aber auch Antworten aus dem Internet beschaffen.
  • Lassen Sie die Puppe nicht eingeschaltet herumliegen.

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